Die Neugestaltung des Marktplatzes steht vor ihrer Vollendung.
Zu den noch auszuführenden Arbeiten gehört das Aufstellen des Lichtmastes
und die Herstellung des Verkehrshäuschens. Die Anfuhr des Mastes am gestrigen
Tage hat das Interesse vieler Schaulustiger erregt, mehr noch heute vormittag,
als die Vorbereitungen zum Aufstellen getroffen worden. Das wundert nicht
weiter, denn die Länge des Mastes, 23 Meter, von Kopf bis Fuß, ringt weit
und breit Respekt ab. Er ist aus Eisenbeton im Spritzverfahren hergestellt. Ihn
wird, wenn seine stolze Höhe mit dem Apothekengebäude und dem Rathausturm in
Konkurrenz tritt, eine kupferne Haube zieren. Diese Haube, die auch zugleich
die Tiefstrahllampen aufnimmt, mißt 2,10 Meter im Durchmesser. Morgen früh,
womöglich recht beizeiten, um Verkehrsstörungen möglichst aus dem Wege zu
gehen, wird der Mastriese aufgerichtet werden. Wenn dann die letzten Spuren der
Bauarbeit beseitigt sein werden, wird sich "Senftenbergs Visitenkarte" in
neuer Aufmachung repräsentieren.
Fünf Wochen Arbeitszeit, eine Woche weniger als vorgesehen, nahmen die von der
Fa. H. Heinze Tiefbaugeschäft, mit bestem Erfolge ausgeführten Arbeiten in Anspruch.
1800 Quadratmeter Unterpflaster, wozu die oft verwünschten Katzenköpfe Verwendung
fanden und damit zugleich das historische Pflaster der Nachwelt erhalten geblieben ist,
wurden hergestellt. Darüber liegt die gleiche Anzahl Quadratmeter Oberpflaster, Mansfelder
Kupferschlacken-Pflastersteine, insgesamt rd. 64 800 Stück. Dies ist wiederum eine
respektable Zahl. Wenn man die bei der Marktpflasterung verwendeten Kupferschlackensteine
hintereinander anreihen würde, käme der letzte Stein im ZUge der Straße Senftenberg - Buchwalde -
Koschen auf dem Dorfplatz in Hosena zu liegen. Oder wenn man nach Art des Bauens der Kleinsten
einen Stein auf den anderen setzen würde, erhielte man eine Säule, die den höchsten Berg der
Erde, den Gipfle Tschomolungma (8880 Mtr.) des Mont Everest, noch um 1488 Mtr. überragte.
|
Während des Baues wurden über 1000 Kubikmeter Erdboden bewegt. Den Transport des Bodens
und des Materials besorgten der hiesige Fuhrunternehmer Brodack, Busch und Raack, 600 Quadratmeter
Platten und 250 lfd. Meter Bordkante wurden zur Herstellung der Bürgersteige verlegt.
Das Fundament für den Lichtmast stellt das Baugeschäft H. Elert her. Es muß entsprechend tief
in die Erde gebaut werden, da der Fuß des rd. 130 Zentner schweren Mastes 3 Meter unterhalb
der Pflasteroberkante liegt. Der stehende Mast kann bei starkem Sturm bis 80 Zentimeter
ausschwingen. Das ist aber eine Zahl, die praktisch bei weitem nicht erreicht wird. Die Ausschwingung
wird im ungünstigsten Falle nicht über 15 Zentimeter hinausgehen. Sind dann noch das
Verkehrshäuschen hergestellt, das neben dem Raume für Brennstoffzapfstellen eine Telefonzelle
und einen Abstellraum für den Parkwärter enthält, und die Bäume eingepflanzt, dann ist alles
beisammen, um sagen zu können: Senftenberg hat einen schönen Marktplatz!
Senftenberger Anzeiger (28. Juni 1932)
Hoch ragt der Lichtmast auf dem Marktplatz zum Himmel empor. Gestern nachmittag
wurden die Vorarbeiten zum Aufrichten des 21 Meter hohen Riesen getroffen. Von allen Seiten
wurden eiserne Pfähle in den Grund getrieben und daran die Seile zur Aufrichtung befestigt.
Heute früh in der 3. Stunde begann man mit dem Hochrichten des Mastes, mit dessen Ausrichtung
man in den Vormittagsstunden noch beschäftigt ist. Das Fundament wird mit Beton ausgegossen,
um dem mächtigen Lichtspender den genügenden Halt zu geben.
Senftenberger Anzeiger (29. Juni 1932)
"Deutschlands höchster Lichtmast." Im Laufe des gestrigen Tages und heutigen Vormittags
sind die Arbeiten am Lichtmast im wesentlichen beendet. Die etwa zwei Zentner schwere Kupferkrone
ist mit 4
|
Lampen ausgestattet. In jeder Lampe befinden sich zwei Birnen, je eine zu 200 und
100 Kerzen, was also eine Gesamteinschaltung der Lampen einer Lichtstärke von 1200 Kerzen
entspricht. Um sparsamen Lichtverbrauch zu erreichen, erfolgt die Einschaltung nach Einbruch
der Dunkelheit von der Polizeiwache aus, wo bereits vor Eintreffen des Mastes mit dem Einbau
der Schalttafel begonnen wurde. Es ist ein zweifacher Wechselschalter, der je nach dem Grade
der Dunkelheit und des Fahrzeugverkehrs gestattet, verschiedene Lichtstärken einzuschalten.
Der Vorteil dieser Einschaltungsmöglichkeit gegenüber der übrigen Straßenbeleuchtung liegt
auch darin, daß in mondhellen Nächten eine Einschaltung unterbleiben kann, andererseits im
Winter, wenn es bis gegen 8 Uhr dunkel ist und die Straßenbeleichtung aussetzt, eine Beleuchtung
des Marktplatzes frühzeitig (Wochenmarkt) erfolgen kann. Die drei Stellen für die Einsetzung
der Bäume sind leicht zugepflastert worden, da die Anpflanzung erst im Herbst erfolgen dürfte.
Die in der vergangenen Nacht erfolgte Beleuchtungsprobe entsprach allen Erwartungen.
Senftenberger Anzeiger (30. Juni 1932)
Wir lernen also aus den Zeitungstexten, daß der Lichtmast nur die "Krönung" der
Baumaßnahmen zur Um-/Neugestaltung des Senftenberger Markplatzes war. Und man sich
nicht einigen konnte, ob dieser nun 23 oder nur 21 Meter in den Himmel ragte. Ich glaube,
es waren 23.
Für die Neugestaltung des Platzes tauchten in den Jahren 1931/32 mehrere, leicht unterschiedliche
Entwürfe auf. Einer der ersten von der Baufirma Sauer, verzichtete gänzlich auf einen Kandelaber
in der Platzmitte sondern postierte mehrere Lichtquellen an der Süd- und Nordseite des Platzes.
Eine farbige Entwurfszeichnung (20. August 1931) des Architekturbüros Taut & Hoffmann, das hierzulande mehr mit dem
|