11.12.2022
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Emil Weissgärber Photograph Senftenberg, L. Aufnahme <= 19?? Sammlung Theodor Restel
Ein wichtiges Treffen geistlicher Würdenträger in unserer Stadt? Daß man den damaligen Fotograf Nr.1 Senftenbergs, Emil Weissgärber, mit der Gruppenaufnahme
betraute, lässt darauf schließen, daß die Zusammenkunft einigermaßen relevant war.
Leider wartet die Fotopostkarte abseits des Verweises auf den Fotografen mit wenig verwertbarem auf. Zumindest gelang es aber damit die Aufnahme zu
verorten. Und zwar vor das Portal der katholischen Kirche an der Calauer Straße in Senftenberg. Der Zeitpunkt des Treffens und damit der Zweck
bleibt bislang im Dunkeln wie auch die Namen und Funktionen der abgebildeten Geistlichen.
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Mit einer Ausnahme! Bei der Person links hinten handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um Stanislaus von Tessen-Wesierki, den damaligen Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde.
Ihn sehen wir auf der rechten Fotopostkarte, umringt von einer Schar halbwüchsiger Jungen, die augenscheinlich ihre Erstkommunion
erhalten haben, ebenfalls.
Von Tessen-Wesierki trat Pfingsten 1920 die Pfarrstelle in Senftenberg an. Eine Funktion, die er nachfolgend mehr als 20 Jahre
inne hatte bis in 1942 gesundheitliche Gründe zwangen zu resignieren. In seine Wirkungszeit fallen die Errichtung katholischer
Kirchenhäuser in Hörlitz und Sedlitz und nicht zuletzt der Bau des imposanten katholischen Gotteshauses an der Calauer Straße
so wie wir es auch heute noch kennen. Nach zwei Notvarianten startete hier 1924 der Neubau, der 1925 eingeweiht wurde.
Damit ist klar, daß beide Aufnahmen nicht vor 1925 gemacht worden sein können.
Pfarrer von Tessen verfasste übrigens 1922 eine Festschrift zum 30-jährigen Jubiläum der Pfarrei, die im Selbstverlag erschien.
Bislang ist es mir noch nicht gelungen ein Exemplar davon in die Hand zu bekommen. Ich stand einmal kurz davor, doch wurde mir
der Zugriff aus irgendwelchen Gründen verwehrt, die so wirr waren, dass ich sie schon wieder vergessen habe.
Zumindest existierte 1995 noch ein Exemplar davon in unserer Stadt. Vielleicht könnte mal jemand in seinem Sammelsurium nachschauen
und mich ggf. kontaktieren?
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Theinert, Photo-Atelier Senftenberg-L. Schlosstr. 13 Aufnahme <= 1942 Sammlung Matthias Gleisner
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Ich verspreche mir inhaltlich zwar nicht allzuviel davon, maximal eine Aufarbeitung der Geschichte bis 1922, aber interessieren würde mich die Publikation doch. Wie auch
schriftliche Berichte über die Folgezeit wie beispielsweise einer aus dem Mai 1945 der von von Tessens Nachfolger Pfarrer Josef Winkler stammt und der die Situation der
Pfarrkirchen des Dekanats zu diesem Zeitpunkt folgendermaßen beschreibt:
Hochwürdigster Herr Generalvikar!
Es bietet sich die Gelegenheit, eine kurze Nachricht dem Hochwürdigsten G.V.A. zukommen zulassen.
Senftenberg N.L. wurde am 21.4. nach Beschuß von den Russen erobert. Kirche und Pfarrhaus haben bis auf die Fensterscheiben wenig gelitten. Die Geistlichen sind nicht zu
Schaden an Leib und Leben gekommen; sonst wird viel vermißt an persönlichem Eigentum. Herr Kaplan Strzyzewicz hat uns am 10.5. verlassen; er wollte in seine Heimat zurück.
Herr Pater Wilhelm Rueter aus der Pfarrei Zimpel hat die Arbeiten für den Abgegangenen übernommen. Großen Schaden haben wir in der Filiale Sedlitz erlitten. Die Kirche ist
im Laufe der Kriegshandlungen daselbst total abgebrannt; der Gottesdienst wird seit dem 20.5. in der dortigen evangelischen Kirche abgehalten. Ein anderer Raum steht augenblicklich
nicht zur Verfügung, die Leute haben Angst, einen ihrer Räume zur Verfügung zu stellen. Fahrräder besitzen wir nicht mehr. Sie würden uns auch nichts nützen. Furchtbares haben
die Frauen und Mädchen erlitten; die Schwestern sind verschont geblieben. Hörlitz hatte zunächst alles am besten überstanden; dann mußte die Kuratenwohnung und Kirche geräumt
werden; dabei hat die Kirche und das Eigentum von Frost sehr gelitten.
Klettwitz war auch eine Zeit nach der Besetzung geräumt. Gorny hat alles leidlich überstanden. Wie die Kirche nach der Räumung aussehen wird, weiß Gott.
Am besten ist Großräschen davongekommen. Volltreffer ins Pfarrhaus, Kirche unbeschädigt; der Gottesdienst geht normal weiter. Lautawerk meldete sich gestern; Kirche und Pfarrhaus
haben durch die Bombenangriffe gelitten.
Cottbus hat Pfarrer und Kaplan behalten; Kirche und Pfarrhaus haben gelitten; das Schwesternhaus soll zerstört sein.
Die traurigste Nachricht kommt von Hoyerswerda: Nach Meldungen, die Swiersky - Lautawerk - hierher gestern sandte, soll Erzpriester Kowallek erschossen sein. Die Nachricht ist noch
nicht bestätigt. Es heißt, es soll aus Versehen von den Russen geschehen sein...
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Von Tessen-Wesierski befand sich im April 1945 in Hoyerwerda und erlebte unmittelbar
die Umstände, die zum oben erwähnten Tod des Erzpriesters Kowallek führten. Er berichtete
im Nachgang dazu.
Doch zurück in etwas bessere Zeiten für Geistliche und Kirchen: die rechts abgebildete
Ansichtskarte lässt sich ebenfalls schwer datieren. Das von mir ausgerufene <= 1937
resultiert einzig und allein aus dem Wissen, dass in jenem Jahr die Kirchturmuhr endlich
in Betrieb genommen werden konnte. Auf der Abbildung sehen wir deutlich, daß selbige ohne
Zeiger daherkommt. Vermutlich ist die Aufnahme aber wesentlich älter, möglicherweise
Ende der 1920er.
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Erich Krause, Papierhandlung, Senftenberg, N.-L. Aufnahme <= 1937 Sammlung Matthias Gleisner
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Nunmehr mit dem entsprechenden Uhrwerk ausgestattet, präsentiert sich die Katholische Kirche auf dem letzten
Foto für heute. Definitiv nach dem Krieg fotografiert und von mir mit <= 1965 versehen. Es ist mehr so ein
Gefühl als Gewissheit. Relativ sicher ist, dass es nach 1955 war. Der Zaun um das Kirchgelände hat im Vergleich
zu Aufnahmen, die bis zu jenem Jahr fixierbar sind, eine andere Gestalt erhalten...
Aufnahme <= 1965 Archiv der Stadt Senftenberg
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