07.08.2022

Die Stadt Senftenberg wirbt für sich in offiziellen Dokumenten oder auf ihrer Internetpräsenz mit einigen Zertifikaten, Auszeichnungen, Prädikaten, Titeln oder wie man das auch immer nennen möchte. Senftenberg ist "Kinderfreundliche Kommune", "Anerkannter Erholungsort" oder hat irgendwann mal den "Großen Preis des Mittelstandes" als Kommune des Jahres erhalten. Ich persönlich halte nicht viel von derartigen Zuschreibungen, die in der Regel mit bunten Logos daherkommen. Die Vergabe dieser Auszeichnungen ist (weil ich mich auch nicht so wirklich dafür interessiere) zuweilen intransparent und vage und ehrlich gesagt auch anfällig für kritische Stimmen. So konnte man in der Vergangenheit eigentlich regelmäßig Unmutsbekundungen vornehmlich weiblicher Personen hinsichtlich der "kinderfreundlichen Kommune" wahrnehmen. Senftenberg sei alles andere als kinderfreundlich und hier wird "überhaupt nichts für Kinder getan"... blablabla. Man gewinnt zuweilen den Eindruck, daß heutige Eltern vornehmlich die Stadt und nicht sich selbst in der Pflicht sehen, ihren Nachwuchs zu bespaßen. Naja egal.
Solche Auszeichnungen von Städten oder Gemeinden sind natürlich keine Erfindung der Neuzeit. Wer erinnert sich nicht an die Aktion "Schöner unsere Städte und Gemeinden" oder den Titel "Schönes Dorf des Bezirkes Cottbus"? Auch dies war mit mehr oder weniger passenden Emblemen verbunden.

Und das weiß heute wahrscheinlich keiner mehr: Auch Senftenberg erhielt einst einen Preis und war damit sogar DDR-weit in den Medien...

Im Nachhinein zu ergründen, worum es bei dem Wettbewerb "Kleine Stadt 65" eigentlich ging, gestaltet sich etwas schwierig und final bleibt ein wenig Ratlosigkeit hinsichtlich der Bewertungskriterien. Ich versuche es trotzdem anhand Faksimiles aus der damaligen Zeit. Daß sich ggf. ein Senftenberger noch daran erinnert und sachdienliche Hinweise geben könnte, halte ich nach fast 60 Jahren für relativ unwahrscheinlich. Aber zu den Fakten:

Ende Juni 1965 informierte die bekannte DDR-Illustrierte "für dich" ihre vornehmlich weibliche Leserschaft über einen neuen Wettbewerb unter dem Titel Kleine Stadt 65...

Auf einer Doppelseite wurden die zugelassenen Ort der Republik aufgelistet und gleichzeitig die Erwartungen fixiert, die man an die Leser hatte, die sich für "ihre" Stadt einbringen sollten oder wollten. Auch stellte man schon die Preise, sowohl für die Gewinnerstadt, als auch für die teilnehmenden Bürger, in Aussicht.

Die Zeitschrift setzte auf eine rege Beteiligung der Bevölkerung. Ob für die avisierten 6 Reportagen tatsächlich die Menge oder Qualität der Zuschriften aus den jeweiligen Orten die Basis bildete? Ich habe meine Zweifel, denn die zur Verfügung stehende Zeit bis zur ersten Reportage war nur sehr kurz (ca. 1 Monat). Möglicherweise wurde schon zuvor von den "zuständigen Stellen" eine Vorauswahl getroffen.

Am 1. Juli 1965 erschien in der "Lausitzer Rundschau" ein Interview mit dem damaligen Senftenberger Bürgermeister Günter Flack in welchem Bezug auf den von der "für dich" ausgerufenen Wettbewerb Bezug genommen wurde.

Lausitzer Rundschau (1. Juli 1965)
Acht Tage später legte die LR nochmals nach...

Lausitzer Rundschau (9. Juli 1965)

Acht Wochen nach Ausrufung des Preisauschreibens erschien dann im 3. Augustheft der "für dich" (Nr. 34/1965) eine mehrseitige Reportage aus und über Senftenberg. Darin enthalten: wenige Fotos der Infrastruktur, dafür jede Menge "Köpfe". Zitate aus denjenigen Leserbriefen, die von Senftenbergern eingesandt wurden, bilden die größte textliche Quelle.

Ähnliche Reportagen aus anderen teilnehmenden Städten wurden in anderen Heftnummern dargeboten. Zum Beispiel Ludwigsfelde in Nr.32, Hagenow in Nr.36 oder Hettstedt in Nr.40. Irgendwann, spätestens im September, wird es vermutlich auch noch einen Abschlußbericht gegeben haben, in welchem möglicherweise Senftenberg als Sieger der ganzen Aktion bekanntgegeben wurde.
Bisher habe ich mir aber verkniffen, sämtliche in Frage kommenden Heftnummern antiquarisch zu erwerben nur um diesen Nachweis zu erbringen. Immerhin wissen wir ja auf Grundlage der "Aktuellen Kamera" vom 1. Oktober, daß unsere Stadt als Gewinner aus dem Rennen ging.

Leider ist es mir momentan rechtlich nicht möglich, den Beleg in Form der tatsächlichen Filmaufnahme zu präsentieren. Deswegen greife ich auf die Darstellung von Standbildern zurück, um wenigstens einen kleinen visuellen Eindruck zu verschaffen.