
Schlägt man die Senftenberger Lokalpresse von vor 100 Jahren auf, dann kann man nur staunen wie viele Vereine, Vereinigungen,
Clubs und Bunde es damals gab. Man bekommt den Verdacht, daß jeder Bürger der Stadt in mindestens 2 Vereinen organisiert war.
So viele unterschiedlcihe existierten damals. Künstlerische (Gesang, Theater), sportliche (Schach, Schwimmen, Turnen, Radfahren
usw. usf.) aber auch Vereinigungen, die auf dem sozialen (Unterstützung, Natur, Wandern, Jugend, Heimatpflege), dem militärischen (Veteranen,
Krieger, Schützen) oder dem religiösen Sektor angesiedelt waren. Nicht zu sprechen von den ganzen Tierzüchtern oder berufsbezogenen Vereinigungen,
die eine weit größere Bedeutung für die Bevölkerung hatten als dies heute der Fall ist.
Spätestens Ostern erwachten dann auch die letzten Vereine aus dem Winterschlaf und kündigten via Senftenberger Anzeiger diverse Aktionen
und Veranstaltungen an.
Deshalb ist es eigentlich auch nicht verwunderlich, daß wir über ein größeres Spektrum von Fotografien verfügen, die dieses
fröhliche oder auch ernsthafte Vereinsleben für die Nachwelt veranschaulichen helfen. In der Regel sind dies Gruppenaufnahmen an
zumeist unspezifischen Orten und es schwingt bei der Bestimmung des Ganzen bei mir immer ein wenig Unsicherheit mit. Sind das nun
Senftenberger oder nicht? Denn eins muß man auch noch sagen: manche Vereine "flogen unter dem Radar"! Sprich: man findet sehr wenig bis
gar keine Informationen zu ihnen in der damaligen Presse...
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Da wäre zum Beispiel diese Kinderschar rechts... Die Fotopostkarte ist eine Erinnerung an das 1. Jahresfest des Senftenberger Jung Siegfried Bunds.
Besagtes Jahresfest fand am 30. Juni 1929 statt. Dumm nur, daß der Senftenberger Anzeiger weder im Juni 1929 noch im Jahr zuvor die
Existenz bzw. Gründung dieses Vereins erwähnt. Ja, es kommt sogar noch schlimmer! Selbst das allwissende Internet liefert keine validen Informationen,
was genau die Ziele dieses, offenbar auf halbwüchsige Knaben ausgerichteten, Bundes waren. Eine derartige Vereinigung wird doch wohl kein Alleinstellungsmerkmal
von Senftenberg gewesen sein?!?
Sicher ist, daß es so ein wenig was mit Schießen zu tun hatte und definitiv in Senftenberg angesiedelt war. Auf der Schützenscheibe finden wir entsprechende
Hinweise. Mindestens ein kleiner Teil der Jungen stammte jedoch aus Klettwitz. So deute ich zumindest das Stickerei-Fragment auf dem linken Wimpel. Womit
dann auch meine Theorie von der größeren Verbreitung der "Jung-Siegfried-Idee" zusätzlich befeuert wird.
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Aufnahme = 06.1929 Sammlung Matthias Gleisner
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Aufnahme <= 19?? Sammlung Fred Förster
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Ernst Wenzel, Photogr., Senftenberg N.L. Ziegeleistr. 9 Aufnahme = 1926 Sammlung Matthias Gleisner
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Es folgen zwei Vertreter aus der Sportwelt. Links sehen wir jugendliche Mitglieder des Turnvereins "Germania" Senftenberg.
Das Jahr der Aufnahme ist aktuell nicht sicher zu bestimmen. So viel sei aber verraten: es muss nach dem Juli 1928 aufgenommen worden sein.
Hinweis ist hier das zusätzliche Band an der Vereinsfahne, dessen Beschriftung darauf schliessen lässt, daß der Senftenberger Verein am 14. Deutschen
Turnfest teilnahm, welches im Juli 1928 in Köln stattfand. Da man dieses Band sicher aus Köln mitbrachte, kann das Foto nicht vor
dem Turnfest gemacht worden sein.
Die rechte Fotografie zeigt eine Ringer-Riege aus Senftenberg. Wobei sich der Senftenberg-Bezug einerseits durch die handschriftliche Notiz
"Gastmannschaft aus Senftenberg 1926" und andererseits über den Stempel des hiesigen Fotografen Ernst Wenzel konstruieren lässt. Ich habe jedoch aktuell
keine Ahnung wo das Ganze aufgenommen wurde und wie sich die wackeren Herren offiziell nannten. Und auch nicht, was der Herr rechts, ein Vertreter
des Arbeiter-Samariter-Bundes (noch so ein Verein!), damit zu tun hatte.
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