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Wieder ist das Bild am Markt, Eingang der Bahnhofstraße, um ein Erhebliches verschönert worden: in die Reihe der modernen Geschäftshäuser ist ein
neues getreten: Der Neubau der alten, bekannten Senftenberger Firma Moritz Krüger, dem ältesten Spezialgeschäft in unserer Stadt. Am heutigen Tage
fand die Eröffnung des neuen Hauses statt, welche sich bereits am frühen Morgen durch zahlreiche Gratulanten und Blumenspenden äußerlich
kennzeichnete. Man muß dem Inhaber, sowie seinem Architekten Vogel-Marga und auch den hiesigen Handwerkern nur Lob für ihren bewiesenen
Geschmack aussprechen, denn das neue Anwesen stellt ein wirkliches Schmuckstück dar. Der Neubau fügt sich harmonisch in das Bild des Marktplatzes
ein und bringt damit den Beweis, daß auch der kleinste Bau städtebaulichen Aufgaben und Gesichtspunkten unterliegt und nicht willkürlich hingesetzt
werden kann und darf. Unter den beengenden Verhältnissen ist dies vorzüglich gelungen.
Die Raumausnutzung, außen wie innen, ist peinlichst erwogen und zu Geschäftszwecken dienstbar gemacht. Das formelle Aeußere des Hauses entspricht
dem Charakter der echten, märkischen Stadt, obwohl alle technischen Errungenschaften der modernen Technik und Welt angewandt wurden. Noch schöner,
wie das Aeußere des Hauses, ist sein Inneres. Die drei Räume (kleiner Vorraum mit einem Ladentisch, großer Hauptraum mit 2 Ladentischen und daran
anschließend das Privatkontor) atmen Frische, Helle, Freundlichkeit und Zweckmäßigkeit. Dazu macht sich die Decken- und Wandbeleuchtung einfach
großartig.
Von Senftenberger Firmen sind an dem Neubau beteiligt das Baugeschäft Pusch, die Tischlermeister Thiel und Grafe-Freudenberg, die Installationsgeschäfte
Altmann und Voges, das Dachdeckergeschäft Fichte, Malermeister Schönert, Töpfermeister Lehmann und Kilian. Auch Bildhauer Merkle ist vertreten.
Seine Arbeit sind die drei steinernen Säulen am Eingange.
Es muß für den Firmeninhaber, seine Gattin und seine Mitarbeiter eine Freude sein, in diesem neuen Heim zu wirken. Wie die Regale und das äußerst
geschmackvoll dekorierte Schaufenster bekunden, ist kein Mangel an Auswahl vorhanden und es dürfte der Firma Krüger auch an alten und neuen
Käufern in Zukunft nicht fehlen. Möge sie im neuen Geschäftshause noch weiter blühen und gedeihen.
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Und dann, exakt drei Jahre nachdem Max Krüger dem 50jährigen Jubiläum des Senftenberger Anzeiger seine Aufwartung machte, feierte er selbst am 1. Juli 1928 ein halbes Jahrhundert "Moritz Krüger".
Und wie es sich für einen der konstantesten Anzeigenkunden des Blattes gehörte, gratulierte die Schriftleitung des Anzeigers mit einer entsprechenden Laudatio. Selbige
kann man in Norbert Jurks 2017er Buch nachlesen. Ich möchte hier und heute einen weitaus umfangreicheren, detaillierteren, manchmal aber recht pathetischen, Text wiedergeben, der augenscheinlich von
Max Krüger selbst stammt, mindestens aber in seinem Auftrag anlässlich des 50. Firmen-Jubiläums verfasst wurde.
1878 - 1928 Fünfzig Jahre Moritz Krüger, Senftenberg L.Zum 50jährigen Geschäfts-Jubiläum der Firma am 1. Juli 1928 Gewidmet vom derzeitigen Inhaber Max Krüger
Es war in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts, als drüben in
Amerika jener historisch gewordene "Zug nach dem goldenen Westen"
einsetzte, jene Massenwanderung von Glückssuchern, die westwärts
zogen, wo ihrer nach märchenhaften Berichten Gold und Reichtum in
unerhörter Fülle wartete, wo sie das launenhafte Glück zu finden
hofften, das sie bisher genarrt, das Glück im goldenen Westen. Da zog zur
gleichen Zeit, durch Ozeane von ihnen getrennt, in umgekehrter Richtung
von West nach Ost, im Sommer 1878 ein Leiterwagen, hochbepackt mit
Haus- und Küchengeräten, mit Kind und Kegel, seine Straße von
Finsterwalde nach Senftenberg. Es waren auch Glückssucher, die dem
alten Heim den Rücken gekehrt und sich aufgemacht hatten, in neuer
Umgebung eine neue Heimat und neue Lebensmöglichkeiten zu finden.
Die Zukunft lag ungewiß vor dem Leiter dieses kleinen Zuges, einem
36jährigen Manne, und seiner jungen Frau Elisabeth; aber Gottvertrauen
und frohe Schaffenskraft, Ausdauer und Fleiß waren ihre Begleiter, und so
sahen sie mutig dem Neuen, Kommenden ins Auge.
Am 4. März 1872 hatten Moritz Krüger und Elisabeth, geb. Richter
in Finsterwalde, der alten Tuchmacherstadt, den Bund fürs Leben geschlossen.
Der Drang nach Selbständigkeit und größerer Entwicklungsmöglichkeit ließ
in dem unternehmenden jungen Kaufmanne den Entschluß reifen, die Zelte in
Finsterwalde abzubrechen und Senftenberg, das durch den sich immer mehr
ausbreitenden Abbau seiner Kohlenlager und damit eng verbunden durch
steigenden Handel und Verkehr etwas für die Zukunft versprach, neue Hütten
zu bauen. Und der Erfolg hat dem Vorwärtsstrebenden Recht gegeben. 3 Jahre
wurde im Moritzschen und 5 Jahre im Schultzeschen Hause ein kleineres Geschäft
in Manufakturwaren betrieben.
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Eiserner Fleiß und größte Sparsamkeit der beiden Eheleute konnten zwar Verluste
pekuniärer Art sowie einsetzende Konkurrenz nicht verhindern, schafften es aber
doch, daß schon im März 1886 von Seifert das Haus am Markt gekauft werden konnte,
das noch heute, wenn auch in veränderter Gestalt das Domizil der Firma Moritz
Krüger geblieben ist.
Senftenberger Anzeiger (1886)
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Dies war die erste Stufe auf der Leiter des Erfolges! Aber es gab kein
Ausruhen und Müdewerden für die Beiden. Acht Kinder wurden ihnen im Laufe der Zeit
geboren und da hieß es doppelt sorgen und schaffen, um aus ihnen tüchtige, rechtschaffende
Menschen zu machen. Krankheit und Sorge blieben nicht aus. Zwei Kinder nahm der Tod
hinweg und auch der älteste Sohn Moritz, der Stammhalter und Erbe des Geschäfts, starb
im November 1890.
Diese Verluste waren schwarze Meilensteine auf dem Weg zur Höhe, zum
Erfolg, den das Geschäft nahm. Der nie rastende, außergewöhnliche Fleiß der Mutter
Elisabeth, die Solidität und Ehrenhaftigkeit des Vaters als Mensch und Kaufmann und die
emsige Hilfe der heranwachsenden Kinder brachten dem Geschäft eine blühende Zeit und
schuf ein gesichertes und solides Fundament, das schon einen Sturm überdauern konnte!
Das erste große Schaufenster zeigte den Senftenbergern, daß die Firma Moritz Krüger mit
der neuen Zeit und ihren Anforderungen Schritt hielt und sich ihr anpaßte. Die vier
fleißigen und geschickten Töchter, Mariechen, Anna, Frieda und Martha, deren Hilfe fremdes
Personal ersparte, waren von früh bis spät im Geschäft tätig. Der heranwachsende Sohn
Max, das jüngste Kind und nunmehrige Träger des Namens und Erbe der Firma, nahm mit
vierzehn Jahren den Wanderstab in die Hand, um sich in der Fremde neues Wissen und
neue Kenntnisse in seinem Fach anzueignen. Er war 3 ¾ Jahre in Döbeln und kurze Zeit
in Spremberg, als er nach Hause gerufen wurde, da Krankheit des Vaters seine Hilfe im
heimatlichen Geschäft erforderte. Inzwischen waren die Töchter ins heiratsfähige Alter
gekommen, und auch in dieser Beziehung war Mutter Elisabeth vom Glück begünstigt. Sie
hat ohne Mühe und Not – im Gegensatz zu anderen Müttern mit vier Töchtern - alle
"an den Mann gebracht" und was noch mehr sagen will, an gute und tüchtige Männer!
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Als Erste war es Annchen, die am 9. April 1894 das elterliche Haus verließ und ihrem
Fritz Kose als Ehefrau folgte, dem sie im Laufe der Jahre 5 Kinder schenkte. Mariechen
feierte am 11. März 1895 ihre Hochzeit mit Arthur Haase. Sie zogen nach Ruhland, wo
ihnen am 23. März des folgenden Jahres ein Töchterchen geboren wurde, das das einzige
Kind bleiben sollte. Am 11. April 1901 heiratete Friedchen ihren Fritz Loh, aus deren
Ehe 2 Jungen hervorgingen. Leider machte der am 28. Februar 1914 erfolgte Tod ihres
Mannes sie zur Witwe, aber sie fand ein neues Glück an der Seite von Albert Bräsemann,
mit dem sie am 12. März 1917 getraut wurde.
Jahre ruhigen Glücks und Erfolges gingen dahin, die jäh unterbrochen wurden durch den
Tod des Vaters, der nach längerem Krankenlager am 30. September 1905 seine Augen schloß.
Ein erfolgreiches Leben strengster Pflichterfüllung und nimmermüder Arbeit, gekrönt durch
den Segen eines innigen Familienlebens, hatte seinen Abschluß gefunden. - Der erst 63jährige
hatte in rastloser Tätigkeit als guter Hausvater gesorgt; er konnte beruhigt die Augen
schließen. Die Seinen waren vor Not geschützt, er hinterließ ihnen ein gesichertes Erbe.
Und wenn heute dem Gründer und Seniorchef der Firma Moritz Krüger am Tage des 50jährigen
Geschäftsjubiläums mit Worten ein goldener Ehrenkranz geflochten werden soll, so lassen
wir den Dichter Math. Claudius sprechen:
"Friede sei um diesen Grabstein her,
Sanfter Friede Gottes! Ach, sie haben
Einen guten Mann begraben,
Und uns war er mehr!
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Dünkte uns wie Segen, dieser Mann,
Wie ein milder Stern aus bessren Welten!
Und wir können’s nicht vergelten,
Was er uns getan".
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"Er war ein Mann, nehmt alles nur in allem".
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Doch unbekümmert um Leben und Tod geht das Schicksal seinen Gang
und die Lebenden haben recht! Drei Jahre nach dem Tode des Vaters
verließ auch die letzte Tochter Marthel am 14. September 1908 das
Heimathaus und vermählte sich mit Ernst Schneider aus Särchen, dem
sie 3 Kinder schenkte. – Mutter und Sohn führten im Sinne des
väterlichen Gründers das Geschäft weiter, dem das Glück auch unter
der neuen Aegide treu blieb. Es war nun an der Zeit für Max, sich
unter den Töchtern des Landes nach einer Lebensgefährtin umzusehen.
Da und dort, wo er auch Ausschau hielt, es war immer nicht das Richtige.
Doch wozu in die Ferne schweifen, sieh das Gute lag so nah! Wenige
Häuser vom väterlichen Geschäft wartete schon die vom Schicksal bestimmte
Frau und auch der Schüchternste findet den Mut die entscheidende Antwort
zu begehren, die, wie bei einem solchen Glücksvogel nicht anders zu
erwarten, auch günstig ausfiel. Am 10. Juli 1911 heiratete er seine
Margarethe geb. Schmidt, nachdem er am 1. April 1911 die alleinige
Leitung des väterlichen Geschäftes übernommen hatte.
Mutter Elisabeth zog sich nach der Hochzeit des Sohnes auf das so
wohlverdiente Ruheplätzchen, das hübsche Haus in der Elsterstraße,
zurück, wo sie heute noch als erstaunlich rüstige 75jährige dem Gang
der Dinge und dem Wandel der Zeiten mit der philosophischen Ruhe
zusieht, wie sie ein langes Leben voll Freud und Leid, voll guter und
schlechter Erfahrung verleiht! Sie ist die Stammutter und Patriarchin
der großen Familie, und Kinder, Enkel und Urenkel finden in ihren
Nöten und Sorgen immer einen guten Rat und ein gutes Wort bei ihrem
„Muttel“ und blicken mit dem unbegrenzten Respekt und der zutraulichen
Liebe zu ihr empor, die ihr arbeitsreiches Leben und ihr gutes,
goldenes Herz verdienen.
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Wie es zu allen Zeiten und Orten immer gewesen ist und immer bleiben
wird, wenn eine junge Kraft der müden Hand das Steuer aus der Hand nimmt,
um mit schwellenden Segeln neuen Kurs aufzunehmen, so war es auch hier!
Die neue Zeit verlangte gebieterisch, wollte das alte Haus sich auf der
Höhe behaupten, Anpassung und Modernisierung. Das junge Paar griff mit
frischer Tatkraft in die Speichen des Geschäftsganges und brachte das
Schifflein wieder ein gut Stück vorwärts. Eine Erbe und Stammhalter,
Heinz, machte ihr Glück zu einem vollkommenen. Der Weltkrieg, der auch
Max Krüger zur Fahne rief, überließ vier lange, schwere, harte Jahre
alle Nöte und Sorgen des Geschäftes der jungen Frag Margarethe, die
bewundernswert allen Widrigkeiten und Schwierigkeiten der Kriegszeit
standhielt. Und das Schicksal meinte es abermals gut mit ihnen; es ließ
den Mann und Vater gesund aus dem Felde heimkehren. Da war es, als ob
sich alle während der Kriegsjahre draußen aufgespeicherte geschäftstüchtige
Kraft und Energie entladen wollte, mit solchem Eifer ging es ans
Neugestalten und Umorganisieren des Geschäfts. Das alte Haus entsprach
nicht mehr den Anforderungen der neuen Zeit und der Ausdehnung, die die
Firma genommen hatte. Kurzerhand wurde es am 7. Juli 1925 abgerissen und
wie ein Phönix aus der Asche erhob sich wenige Monate später ein neues
Geschäftshaus an seiner Stelle, dessen vornehm-einfaches Äußere mit der
modern-geschmackvollen Innenarchitektur wetteifert und das in Senftenberg
als Geschäftshaus noch heute einzig dasteht. Am 30. November 1925 wurde
es bezogen und das sonst so treulose Glück ist auch über die neue Schwelle
des Hauses getreten, weil die Grundlagen zu diesem Glück: Gottvertrauen,
frohe Schaffenskraft, Sparsamkeit und Solidität als Tradition der Firma
Moritz Krüger fortbestehen, einer Tradition, die verlangt:
"Was Du ererbet von Deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen!"
Daß auch die kommende Generation diesem Grundsatz treu bleiben möge das walte Gott!
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Und irgendwie blieb der Firma Moritz Krüger das oben so oft erwähnte Glück weiter hold... Zeitweilig betrieb man sogar eine Filiale in Hosena. Die Firma überstand den 2. Weltkrieg,
die Nachkriegszeit und sogar 40 Jahre DDR relativ unbeschadet. Auf Max Krüger folgte dessen Sohn Heinz, der wiederum 1981 das Geschäft an seine Tochter Friederike Linke übergab. Heute,
im einhundertvierzigsten !!! Jahr des Bestehens greift die 5. Generation, Kai-Michael Linke, der Ur-Ur-Enkel des Firmengründers, "in die Speichen des Geschäftsganges".
Aber selbst mit dem diesjährigen 140. Firmenjubiläum ist man immer noch nicht das älteste Familiengeschäft Senftenbergs. Diesen Titel beansprucht weiterhin die Firma Dommaschk,
die seit 1869 an der Adresse Markt 12 beheimatet ist.
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