Strasse gesperrt (1934)

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Den mit "Straße gesperrt" betitelten, knapp 7 Minuten langen Film zu datieren, fällt vergleichsweise leicht. Nachdem im Jahre 1933 eine Reihe von Straßen im Senftenberger Stadtgebiet grundhaft erneuert wurden, nahm man im Jahr 1934 das Problemkind Bahnhofstraße in Angriff.
Und dass es mit der Straße Probleme gab, ist unbestritten. Durch den rasant zunehmenden Verkehr wurde die Straße stark in Mitleidenschaft gezogen. Hinzu kam der Umstand, dass die Bahnhofstraße praktisch auf Torf gegründet war. Aufgrund der Absenkung des Grundwassers durch die tagebautreibenden Unternehmen der Umgebung wurde dem Torf sukzessive Feuchtigkeit entzogen. Dies führte folglich zu Fahrbahnabsenkungen und zahlreichen Rohrbrüchen, da sich das Volumen der Torfschicht durch den Feuchtigkeitsverlust verringerte.
Mit Hilfe damaliger Arbeitsbeschaffungsprogramme, den sogenannten "Notstandsmaßnahmen", wurde es möglich, die grundhafte Erneuerung der Bahnhofstraße in Angriff zu nehmen. Ohne diese zentrale Maßnahme wäre es der Stadt finanziell nicht möglich gewesen, die Arbeiten durchzuführen.
Während der Baumaßnahme wurde die Bahnhofstraße in ganzer Länge bis auf 4 Meter Tiefe ausgekoffert. Der Torf wurde manuell ausgehoben und mittels Zugbetrieb im Norden der Stadt in einen Tagebau verkippt. Im Gegenzug wurde von dort Abraum herangeschafft, um die freigelegten Räume wieder zu verfüllen. Schliesslich wurde die Straße mit den zuvor sichergestellten alten Pflastersteinen neu gepflastert.
Und genau von diesen baulichen Tätigkeiten berichtet der Film. So wie sich der Bau über einen längeren Zeitraum hinzog, wurden auch die Filmszenen nicht nur an einem einzigen Tag aufgenommen.

Der Film beginnt auch nicht unmittelbar in der Bahnhofstraße sondern in der angrenzenden Laugkstraße. Die erste Einstellung wurde von der Einmündung der Gerhard-Hauptmann-Straße in Richtung Bahnhofstraße gemacht. Wir bekommen einen ersten Eindruck von der Baustelle. Männer in der Entfernung, die den Boden aufhacken. Danach können wir beobachten, wie der Sand aus Kipploren in die Grube verstürzt wird. Die Kleidung der Arbeiter deutet eher auf den Beginn des Jahres hin, als auf sommerliches Wetter.
Bei 1:02 schwenkt die Kamera in Richtung Laugkfeld und es kommt kurz der Hauptgraben links der Straße ins Bild.



Umschnitt auf die Bahnhofstraße. Wir sehen zum ersten Mal eine Lokomotive, die mit Volldampf in Richtung Norden Fahrt aufnimmt. Es folgen Szenen, die dokumentieren sollen, dass die Bauarbeiten zum größten Teil manuell ausgeführt wurden. Das Beladen der Loren erfolgte per Schaufel. Konkret sehen wir das Umladen von Sandmassen aus Loren anderen Typs in die Kipploren, die wir bereits im Einsatz in der Laugkstrasse geseheh hatten. Offensichtlich wurde der Sand mit kastenförmigen Loren herangeschafft, die jedoch für das Verstürzen ungeeigent waren. Möglicherweise war zusätzlich eine andere Spurbreite ein weiteres Hemmnis. Man war wahrscheinlich nicht in der Lage enge Kurvenradien mit der großen Spurweite zu legen, um zum Beispiel in die Laugkstraße abzubiegen. Immerhin ging die provisorische Bahnstrecke zum allergrößten Teil schnurgerade durch die Stadt. Deshalb wurde das Material aus den Kastenwagen einfach auf die Straße gekippt, von wo es danach per Muskelkraft in die Kipploren verbracht wurde.
Danach folgen Szenen, die wahrscheinlich etwas später aufgenommen wurden. Hier sieht man wie der Torf auf die Kastenwagen geschippt wird und man bekommt einen ersten Eindruck dafür, welches Gewirr an Rohr- und Kabelleitungen unter der Straßendecke verlegt war. Dieses wurde während der gesamten Baumaßnahme nicht außer Betrieb genommen oder umgelegt.


Stattdessen entschloß man sich die Rohrleitungen mittels gemauerter Säulen zu unterständern. Etliche dieser "Bauwerke" kann man in den folgenden Einstellungen gut ausmachen. Diese Verfahrensweise sollte sich als problematisch herausstellen und in der weiteren Folge zu Streitigkeiten zwischen der Stadt und den Wasserwerken führen. Es kam nämlich auch während der Bautätigkeit zu weiteren Rohrbrüchen, die in einem Fall einen Wasserverlust von 1500 m³ zur Folge hatten. Die Wasserwerke gaben den eingesetzten Notstandsarbeitern die Schuld, da diese nach ihrer Auffassung unvorsichtig arbeiteten und so die Rohrbrüche provozierten. Die Stadt hielt mit Gutachtern dagegen, die nachwiesen, dass das Material marode war und die Unterständerung, die von den Wasserwerken vorgenommen wurde, an den falschen Stellen und in zu großen Abständen vorgenommen wurde. Es folgte ein heftiger Schriftwechsel mit gegenseitigen Schuldzuweisungen, der erst im Jahre 1935 sang- und klanglos eingestellt wurde, ohne dass die Stadt die Kosten, die ihr von den Wasserwerken in Rechnung gestellt wurden, vollständig bezahlte.
Doch zurück zum eigentlichen Geschehen.
Wir sehen über einen längeren Zeitraum den unterschiedlichen Arbeiten zu und befinden uns dabei weitestgehend in der Region zwischen der Kreuzung Annastraße/Laugkstraße und Einmündung Albertstraße.


Zwischen 3:45 und 4:00 folgen einige interessante Aufnahmen. Man sieht die quasi "aus dem Boden gerissenen" Linden auf einem Sammelplatz. Man zog die Bäume mit Stumpf und Stiel und reiner Muskelkraft aus dem Boden um sie später anderweitig zu verwenden. Der Verbleib der Bäume bleibt jedoch bis heute ein Mysterium.
Danach geht es mit Aufnahmen der Arbeiter weiter und wir können konstatieren, dass schon damals das "Arbeiterdenkmal" erfunden war... Viele der Männer stehen ziemlich teilnahmslos in der Gegend herum!
Danach können wir beobachten, wie ein mit Torf beladener Zug die Stadt in Richtung Calauer Straße verlässt. Ein zweiter Zug folgt gleich im Anschluß.
Umschnitt auf die Baugrube. Arbeiter beim Isolieren von Leitungen und beim Feststampfen des Bodens, aber auch wieder das Aufladen des Torfes auf die Loren.
5:38 Für wenige Sekunden befinden wir uns erneut in der Laugkstrasse. Es ist ein weiterer Sammelplatz für die Linden zu sehen. Diesmal stehen sie senkrecht. Durch die Stämme hindurch erhascht man einen Blick auf das Hindenburg-Gymnasium.
5:45 und wir finden uns am Anfang der Bahnhofstraße wieder. In diesem Bereich befasst man sich schon mit den Endarbeiten. Die oberste Schicht wird mit Hilfe von purer Muskelkraft aber auch maschinell festgestampft. Danach verlagert der Kameramann seinen Standort auf die Höhe der Einmündung Albertstraße. Wir können zusehen wie Bitumen für den Fussweg auf eine Schubkarre verladen wird. Dieser wird danach von Arbeitern auf der neu geschaffenen Oberffläche verteilt. Die letzte sehr kurze Sequenz zeigt eine Dampfwalze, die den Bitumen in Form bringt.


Alle Bilder auf dieser Seite stammen aus dem Bestand des Archivs der Stadt Senftenberg.